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Grundlegende Fehler des deutschen Kindesunterhaltsrechts

Das Unterhaltsrecht in Deutschland ist hinsichtlich des Kindesunterhalt zutiefst unfair. Da der Unterhaltspflichtige ausgebeutet wird, zermürbt es über kurz oder lang seine Beziehung zu dem betreuenden Elternteil und auch zu den Kindern. Ein gerechteres Unterhaltsrecht würde deshalb nicht zuletzt auch dem Kindeswohl dienen.

Warum ist das Kindesunterhaltsrecht ungerecht?

  1. Kinderfreibetrag und Kindergeld: Der Kinderfreibetrag soll Aufwendungen für den Unterhalt der Kinder steuerlich freistellen. In getrennten Familien ist prinzipiell allein derjenige Elternteil barunterhaltspflichtig, der nicht mit den Kindern lebt. Der betreuende Elternteil schuldet nur die Betreuung, hat also im Prinzip keine eigenen, ungedeckten Ausgaben. Er (bzw. sie) erhält dafür den Kindesunterhalt. Kinderfreibetrag und Kindergeld werden aber dennoch auf beide Eltern aufgeteilt. Das ist unlogisch, da nur der betreuende Elternteil den gesamten Unterhalt trägt. Er müsste deshalb auch den vollen Freibetrag haben bzw. das volle Kindergeld erhalten. Alles andere ist eine ungerechte Bereicherung des betreuenden Elternteils ohne sachlichen Grund.
  2. Kinderbezogener Familienzuschlag für Beamte: Der beamtenrechtliche, kinderbezogene Familienzuschlag wäre eigentlich, wie der  sozialrechtliche Kinderzuschlag, als Einkommen des Kindes anzusehen (vgl.BGH, Urteil vom 28.10.2020 - XII ZB 512/19). Somit sind Zuwendungen, die eine Beamtin als betreuender Elternteil in Form des Familienzuschlages für den Zweck des Unterhalt der Kinder erhält, Einkommen eben dieser Kinder. Dadurch wird der Unterhaltsbedarf der Kinder eigentlich gemindert um den Teil, der bereits vom Staat durch den kinderbezogenen Familienzuschlag gedeckt ist. In der Unterhaltsrechtsprechung wird der Familienzuschlag dagegen gar nicht angerechnet. Betreuende Elternteile aus Beamtenfamilien sahnen deshalb doppelt ab: Sie erhalten Familienzuschlag plus vollen Unterhalt, also bis zu doppelt Mindestunterhalt ab dem dritten Kind! Der unterhaltspflichtige Beamte wird dagegen (entgegen dem Alimentationsprinzip) effektiv besoldet als wäre er einige Besoldungsgruppen tiefer eingruppiert (also effektiv degradiert). Eine ungerechtere Regelung kann man sich kaum ausdenken.
  3. Einkommensabhängigkeit: Der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle steigt mit dem Einkommen des Barunterhaltspflichtigen stark an, besonders wenn mehrere Kinder zu unterhalten sind. In meinem Fall zahle ich 40% von meinem Nettoeinkommen an die Kindesmutter. Steigt mein Einkommen, steigt der Unterhalt entsprechend, obwohl die Kindesmutter bereits im Geld schwimmt. Das ist ungerecht und auch leistungsfeindlich: Ich habe kaum Motivation mehr zu verdienen, da ich zuviel davon abgeben muss (noch dazu an meinen schlimmsten Feind). Ich nehme an das geht sehr vielen Vätern in Deutschland so. Der Kindesunterhalt müsste nach Bedarf bemessen werden und vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen unabhängig sein. Sonst wirkt der Kindesunterhalt wie ein Bremsklotz auf die Leistung eines großen Teils der Gesellschaft in unserem Land.
  4. Umgang: Trotz der diesbezüglichen Ankündigung einer Gesetzesänderung des Bundesjustizministers im Sommer 2023 wird der Umgang mit den Kindern weiterhin in der Regel bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt, sogar falls der Umgang bis zu 49% der Woche ausmacht. Das ist unsinnig und selbstverständlich ungerecht. Je weniger Zeit die Kinder bei dem "betreuenden Elternteil" verbringen, desto weniger Kosten entstehen diesem und desto mehr Kosten fallen beim Unterhaltspflichtigen für den Umgang an. Dies in Abrede zu stellen oder sich den Konsequenzen zu verweigern, wie in der öffentlichen Diskussion seit dem teilweise geschehen, ist Realitätsverweigerung.

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